Strukturuntersuchungen an Cr-Co-Schichten mittels Röntgenbeugung
 
2.1. Anisotropie und Koerzitivfeldstärke


Der Vorgang von homogenen Drehprozessen in Einbereichskristallen läßt sich wie folgt kurz charakterisieren: Die Magnetisierungsrichtung schließt im gesamten Kristall mit einer Achse, beispielsweise der x-Achse den Winkel f ein. Die stabile Lage ergibt sich aus:
dF/df = 0 mit F - freie Enthalpie des Kristalls.
Die einachsige Anisotropie setzt sich aus folgenden Anteilen zusammen: der einachsigen Kristallanisotropie FK , der entmagnetisierenden Anisotropie FS , der Spannungsanisotropie Fs_ , die zu einer bei isotroper Magnetostriktion parallel zur x-Achse wirkenden Normalspannung s_ gehört
und der potentiellen Energie im äußeren Feld FHa = HaJScos(th + f) mit f als Winkel zwischen Ha und der x-Achse.
Es gilt also F = FK + FB + Fs_ + FHa .
Aus dF/df=0 resultiert für den Zusammenhang zwischen Ha und dem Drehwinkel f die Gleichung
Ha = 2K/JS * (sin f cos f)/sin(th + f) .
K ist die magnetische Anisotropiekonstante. Außerdem gilt:
Jp = -JScos(th + f) .
Die Beziehung für Ha und Jp sind eine Parameterdarstellung eines Einbereichskristalls.
Bei th = 0 klappt die Magnetisierung bei einer kritischen Feldstärke
Ha = Hc = 2K/JS um. Damit läßt sich die Größe des maximal durch Drehprozesse zu erreichenden Wertes der Koerzitivfeldstärke abschätzen. Für den Fall reiner Kristallanisotropie ergibt sich:
Hc = 2K1/JS , für reine Formanisotropie: Ha = JS(Ny - Nx) mit Ny und Nx als Entmagnetisierungskonstanten, die die Extremwerte Ny = 2Pi und Nx = 0 annehmen, und für reine Spannungsanisotropie:
Hc = 3 |lambda| * s_/JS mit lambda als Magnetorestriktion....
Für hohe Koerzitivfeldstärken sind hohe K1-Werte erforderlich. Infolge magnetostriktiver Verzerrungen tritt eine Kopplung von inneren Spannungen und Magnetorestriktion auf. Dies kann eine Zunahme der magnetokristallinen Anisotropie zur Folge haben.
In dünnen Schichten treten Anomalien bezüglich der Koerzitivfeldstärke auf, wenn die Schichtdicke mit der Domänenwanddicke vergleichbar ist (10-6 bis 10-5 cm /4/).
Bei Vorhandensein eines äußeren Magnetfeldes nimmt die Anisotropie eines Einbereichskristalls parallel zur Vorzugsachse zu und senkrecht dazu ab. Wenn aber während des Aufdampfens der Schicht gleichzeitig mehrere Bereiche entstehen, in denen die Magnetisierung und somit die Vorzugsachse im allgemeinen nicht parallel liegt, ist die Anisotropie der gesamten Schicht klein /3/.
Beim Aufdampfen bei erhöhten Temperaturen und beim Tempern mit anschließender Abkühlung im Magnetfeld bildet sich parallel zur Schichtebene eine einachsige magnetische Anisotropie aus /4/. Infolge der Magnetostriktion entsteht eine einachsige Spannungsverteilung. Bei schräger Bedampfung ergibt sich eine einachsige Spannungsanisotropie, deren Achse senkrecht zum Dampfstrahl steht. Die sich beim Aufdampfen bildenden Kristallite beschatten den hinter ihnen liegenden Raum, wodurch sich neuentstehende Kristallite bevorzugt seitlich anlagern. Es kommt zu einer kettenförmigen Anordnung der Kristallite senkrecht zur Einfallssebene. Es besteht eine Abhängigkeit von der Substrattemperatur. Infolge größerer Beweglichkeit bei höherer Temperatur bilden sich weniger Kristallitketten.
Die Porösität der Schicht nimmt mit wachsendem Bedampfungswinkel zu. Die Anisotropie zeigt bei einem Einfallswinkel von etwa 50° monotones Wachsen mit wachsendem Winkel, danach fällt sie ab und geht ins Negative über /4/ und /6/.
Bei Schichten mit negativer Anisotropie wurden besonders hohe Hc-Werte beobachtet (mehrere 1000 A/cm) /5/.
Untersuchungen von Takahashi und Kono /6/ zeigten, daß, für die Erzielung einer großen magnetischen Anisotropie folgende Bedingungen erfüllt sein müssen: Die Proben müssen bis zu einer Temperatur über 800 °C aufgeheizt werden. Bei 800 °C findet ein martensitischer Phasenübergang statt. Genau zum Zeitpunkt des Phasenüberganges muß ein Magnetfeld angelegt werden. Die bei diesem Phasenübergang auftretende große Anisotropie hängt mit der Entwicklung einer Textur und der uniaxialen Anordnung der Gitterdefekte zusammen, wodurch die magnetostriktive Belastung verstärkt wird. Eine große magnetische Anisotropie kann auch durch eine kleine Belastung von 50 g/mm2 erreicht werden.
Die uniaxiale Anordnung der Defekte steht im Einklang mit einem theoretischen Modell von Eberhart, O'Handley und Johnson /7/. Sie betrachteten ein 19-Atom-Cluster, um die lokale Umgebung von kristallinem und amorphem Co zu modellieren. Es zeigte sich, daß die maximale Stabilisierung des Clusters durch 60°-Rotationen erreicht wird. Die daraus resultierende Konfiguration repräsentiert hexagonal dicht gepacktes Co. Die erwähnten rotationen sind von einer Schwächung der Antibindungswechselwirkungen begleitet, was zur Konzentration entlang einer Achse führt, wie auch experimentell bestätigt.
Kobalt kristallisiert in 2 Modifikationen - der kubisch flächenzentrierten Phase und der hexagonal dicht gepackten Phase (siehe Modell der hexagonalen Elementarzelle auf der Startseite). Kobalt kommt sowohl als Mischung der beiden Phasen, alsauch in den reinen Phasen vor. Um möglichst hohe Kristallanisotropie und, damit verbunden, hohe Hc-Werte bei dünnen Co-Schichten zu erreichen, ist die reine hexagonal dicht gepackte Phase anzustreben, da sich bei Vorhandensein der kubischen Phase die magnetischen Eigenschaften der Schicht verschlechtern.

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